Bibliothek - Verbotene Abteilung

Nicht ohne Grund heißt diese Abteilung VERBOTEN, denn hier werden unter anderem Bücher aufbewahrt, die tief in die schwarze Magie hereinreichen. Im Normalfall ist es Schülern nicht erlaubt, sich hier aufzuhalten, jedoch können sie sich in Ausnahmefällen die Erlaubnis eines Lehrers einholen, um sie betreten und sich Bücher von hier ausleihen zu dürfen.

"normale" Bibliothek

Shawn gab Kira noch einmal ein Zeichen, dann betrat er die verbotene Abteilung.
Sieht nicht anders aus als die anderen ... und wie immer.
Zweimal schon war Shawn, allerdings beide Male mit Erlaubnis, in der verbotenen Abteilung der Bibliothek gewesen und jedes Mal hatte Madame Pince dafür gesorgt, dass er sich dort nicht länger als nötig aufhielt. Er hatte auch nicht viele Buchtitel lesen können, erinnerte sich aber daran, dass einige Bücher schrieen oder sogar beißen konnten, wenn man sie öffnete ohne vorher etwas Bestimmtes getan zu haben. Das zumindest hatte ihm im fünften Schuljahr Professor Flitwick erklärt.
"Komm endlich!", zischte Shawn und machte eine Geste zu Kira, damit sie sich endlich in Bewegung setzte. Die Zeit drängte!

"normale" Bibliothek
Kira folgte Shawn, sobald er ihr das Zeichen gegeben hatte.
"Madam Pince hatte gerade in meine Richtung gesehen...", entschuldigte sie sich im Flüsterton und schaute sich ein wenig um. Dann grinste sie ihn an. "Wie hast du eigentlich bemerkt, dass das mit der verbotenen Abteilung kein Scherz von mir war?", fragte sie neugierig.

Shawn nickte nur, als sie das mit Madame Pince erwähnte.
"Dein Blick", antwortete er so leise wie möglich, "Er deutete daraufhin, dass du es wirklich so meintest."
Er verstand sich zwar nicht besonders gut auf solche Dinge, doch wenn er sich dieses Mal darauf hatte verlassen können, hatte er es wirklich in ihren Augen ausmachen können. Oder ...
Vielleicht habe ich es nur erkannt, weil ICH hierher wollte.
Er schluckte, als ihm das klar wurde.
"Wo genau?"

"Dein Blick"
"Er deutete daraufhin, dass du es wirklich so meintest."
"Oder ich bin einfach viel zu leicht zu durchschauen.", antwortete sie lächelnd.
"Wo genau?"
Kira brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass Shawn sie gefragt hatte, nach welchen Büchern sie suchten.
"Ich weiß auch nicht so genau...", murmelte sie und dachte angestrengt nach. Sie schloss dabei die Augen, um sich besser zu konzentrieren. Kath hatte hier doch mal ein Buch mit diversen Flüchen gesucht...da waren auch andere Bücher in der Richtung gewesen...wo hatte das noch mal gestanden? In Gedanken ging sie die Abteilung entlang.
Nach links...drei Regale!
Kira wollte es gerade aussprechen, als ihr einfiel, dass Shawn ja nach Verteidigungsmöglichkeiten suchte...
"Hmm...ich glaube, wir müssen auf gut Glück versuchen, aber ich würde links anfangen."

"In Ordnung.", stimmte Shawn zu.
Er ging langsam los, ließ seinen Blick dabei über die Bücher und deren Titel schweifen.
Ganz schön schräge Titel ...
"Kennst du dich ... mit den dunklen Künsten aus?", fragte Shawn mit leiser Stimme, wobei er seinen Blick nur kurz auf Kira richtete, bevor er wieder die Buchtitel studierte, "Nur aus reiner Neugierde."

Kira lief hinter Shawn her und auch sie inspizierte dabei die Titel der Bücher.
Whoa...ein ganzes Buch über die unverzeihlichen Flüche, wer macht sich denn die Mühe so was zu schreiben?
Shawns Frage riss sie aus ihren Gedanken.
"Na ja...in meiner Familie waren fast allesamt Schwarzmagier...da lernt man so einiges...", murmelte sie.

Er nickte leicht, dann murmelte er: "So etwas habe ich schon gehört ... "
Er erinnerte sich daran an das Gespräch mit Kath und wie diese gesagt hatte, dass Kira wohl keine unverzeihlichen Flüche anwenden könnte, einfach, weil sie ... anders dachte.
Weiter sah er sich nach interessanten Büchern um, dann stoppte er ab, versuchte einen Buchtitel zu entziffern, denn dieser war in den alten Runen, die er im gleichnamigen Fach lernte, geschrieben.
"Nächtige ... schwarze ... oder meinen die dunkle?", murmelte er nachdenklich und eher zu sich selbst, "Flüche ... und ... Was ist das für ein Zeichen?"

Kira wunderte es ein wenig, dass Shawn nicht schockiert über die Tatsache ihrer Verwandtschaft war, aber sie war froh, dass er nicht weiter nachhakte.
"So etwas habe ich schon gehört ... "
Wahrscheinlich hat er mit Kath darüber geredet...vermutete sie. Sie wollte ihn gerade danach fragen, da bemerkte sie, dass er eines der Bücher genauer unter die Lupe nahm.
"Lass mich mal sehen..." Sie inspizierte das Buch,das Shawn gerade anstarrte.
"Schwarzmagische Flüche und Verwünschungen", las sie ohne Probleme vor. "Der Titel ist in einer Runenschrift geschrieben, die noch vor der benutzt wurde, die wir hier in Hogwarts lernen. Die Rune für 'Flüche' hat sich allerdings nicht geändert.", erklärte Kira und schaute Shawn mit einem wissenden Lächeln an.

"Und woher kannst du das dann so einwandfrei lesen?", fragte Shawn erstaunt und leise zugleich, während er seinen Blick von dem Buch löste und langsam weiterschritt.
Büchrücken für Buchrücken inspizierte er; auf der Suche nach einem passenden Buch. Nach irgendetwas, was ihm helfen würde. Irgendetwas.
Verdammt, es muss hier doch was geben!
Er wollte nicht umsonst hier gelandet sein. Natürlich. Einige der Bücher klangen wirklich fies und gemein und sollten definitiv nicht in die Hände von Schülern gelangen, aber gerade jetzt brauchte er ein oder zwei bestimmte Bücher ... Und Kira auch. Und wenn die hier nicht waren ... ? Wenn Hogwarts so etwas nicht besaß?

Kira lachte. "Ach weißt du, meine Schwestern und ich hatten viel Zeit zu lernen."
Eine andere Beschäftigung hatten wir während unserer Flucht nicht...
"Bei manchen Büchern sieht man eindeutig, warum sie die den Schülern nicht zugängig machen...", sprach sie Shawns Gedanken aus.
"Glaubst du, wir finden was?" Shawns Gesichtsausdruck nach zu urteilen, sah er nicht mehr sehr optimistisch aus. Kira hatte eine Idee und zückte ihren Zauberstab.
"Also...was meinst du, was für einen Titel könnte ein vielversprechendes Buch haben?"
Sie wollte einen Aufrufezauber benutzen. Allerdings nicht den, den man gewöhnlicherweise benutzte. Accio würde bei den Büchern vermutlich sowieso nicht klappen, die waren sicher mit einem Gegenzauber ausgestattet. Sie hatte als kleines Kind mit Zaubern herumexperimentiert und einer davon würde sich jetzt als nützlich erweisen.

Shawn sah sie fragend an, dann sah er den Zauberstab und schüttelte den Kopf.
"Kira, das wird nicht funktionieren.", meinte er, "Accio wäre in diesem Fall wahrscheinlich das lächerlichste, was man machen kann. Sicherlich sind die Bücher gegen Aufrufezauber geschützt."
Dennoch wagte er eine Überlegung zu starten. Es war einen Versuch wert und wenn es nicht funktionierte und sie auffielen, dann würde er eben dafür sorgen, dass sie sich so viele Bücher wie möglich - ohne auf die Titel zu achten - griffen und dann die Flucht antraten.
"Nun gut.", meinte er schließlich und setzte einen entschlossenen Blick auf, "Aber sollte es nicht funktionieren und wir fallen dadurch auf, schnapp dir einfach so viele Bücher wie möglich, damit wir den Rückzug starten können."
Er ließ seinen Blick noch einmal über die Buchtitel wandern und dachte gleichzeitig über einen passenden Buchtitel nach.
Komm schon, Junge. Denk nach ... Denk nach! Du kannst das doch.
"Ich nehme Mal stark an, dass es nicht schwarzmagisch oder dunkle Künste im Namen haben wird.", vermutete er mit gesenkter Stimme, "Zauberer, die sich der dunklen Magie bedienen, sind offensichtlich nicht der Ansicht, dass es schwarze Magie ist."
Das war ihm aufgefallen, während er noch mehr Buchtitel studierte. Die Bücher, deren Titel solche Worte beinhalteten, waren entweder in Runen verfasst, oder von Autoren, die offensichtlich zu den Guten gehörten ...
"Versuch es mit Titeln wie mächtige Zauber oder mächtige Flüche und Verwünschungen. Eben solche Titel, die das Wort Macht beinhalten. ... und für die wirklich tiefgründig geschichtlichen Fakten ... ", schlug er vor und überlegte weiter, " ... irgendwelche bekannten schwarzmagische Zauberer aus den Jahrunderten vor du-weißt-schon-wer. Sowas wie Biographien vielleicht?"
Es wäre schön, wenn da auch was über meinen Vorfahren stehen würde ...
Shawn hoffte, dass es funktionierte, aber ihr Plan schien so offensichtlich, dass es eigentlich nicht klappen dürfte. Oder etwa doch? Kath hatte bewiesen, dass die beiden Geschwister Zauber ausführen konnten, die weitaus mächtiger als die normaler Schüler waren ... Vielleicht half das ja bei einem Aufrufezauber?

Kira lächelte ihn verschmitzt an, als er ihr sagte, dass Accio nicht funktionieren würde. Natürlich nicht, aber da ihren Zauber niemand kannte gab es nun mal auch keinen Gegenzauber dafür. Und sie würde dafür sorgen, dass er auch geheim blieb. Im Umgang mit ungesagten Zaubern war sie genauso gut wie mit normalen.
"Nun gut.""Aber sollte es nicht funktionieren und wir fallen dadurch auf, schnapp dir einfach so viele Bücher wie möglich, damit wir den Rückzug starten können."
"In Ordnung. Aber es wird schon funktionieren, vertrau mir."
Dann machte Shawn Vorschläge, nach was sie suchen sollten. Die Ideen klangen gut, sie würde es mit 'mächtige Zauber' versuchen...und...sie überlegte, aber ihr fiel kein Name von bedeutenden Zauberern und Hexen ein...aber vielleicht reichte Salazar Slytherin? Vielleicht hatte ja jemand zu seiner Zeit irgendwas geschrieben oder biographien hinterlassen...
Kira konzentrierte sich, denn sie wollte ihren Zauber mit einem kombinieren, der gegen den Zauber wirkte, der die Bücher vor Unbefugten schützte. Außerdem musste sie die Suchwörter ins Lateinische übersetzen und hinten anhängen.
Excanto librum potentes artae magica et Salazar Slytherin! Defendo Shawn et me ante magicum libro!
Sie führte komplizierte Zauberstabbewegungen durch, was auf Shawn so wirken musste, als wolle sie die Luft mit einem Schwert zerschneiden oder einen imaginären Gegner zerteilen, während sie sich in Gedanken auf den Zauberspruch konzentrierte. Dann hielt sie in ihren Bewegungen inne und deutete zielsicher auf ein Regal, aus dem zwei Bücher auf sie zugeflogen kamen.

Ein ungesagter Zauber also ...
Shawn beobachtete schweigend, wie Kira mit ihrem Zauberstab irgendwelche Bewegungen durchführte. Auf Shawn wirkten diese Bewegungen lächerlich, aber er sagte nichts dazu, sondern wartete fast schon gespannt darauf, ob es funktionierte. Accio war das zumindest nicht.
Zwei Bücher flogen auf Kira zu und Shawn fing sie in der Luft auf und betrachtete die Cover.
"Wow.", sagte er, "Das war echt genial. Was war das für ein Zauber?"
Kira hatte wirklich eine gute Idee. Dumm nur, dass ich keine Zauber in der Art kenne.
Er hielt Kira die Bücher, ihren sogenannten Gewinn, entgegen und grinste.

"Das war echt genial. Was war das für ein Zauber?"
Mist! Kira fluchte innerlich...ihr hätte klar sein müssen, dass Shawn anhand der Bewegungen natürlich deutlich erkennen konnte, dass dies nicht Accio gewesen war...
"Äh...na ja...ein komplizierter...hmm, hab ihn irgendwo mal gelesen...", murmelte sie verlegen. Sie vermied es, Shawn anzusehen und betrachtete neugierig ihre 'Beute'. Sie war eine schlechte Lügnerin, es war ihr noch nie gelungen, jemanden zu täuschen...
Sie nahm die Bücher entgegen und schlug das erste auf der ersten Seite auf.
"Wow! Das eine scheint eine Art Biographie einer Hexe zu sein, die zu Zeiten Salazars gelebt haben muss...und sie scheint ihn sogar gekannt zu haben...steht so im Vorwort, hier..." Sie reichte Shawn das Buch zurück und widmete sich dem anderen. "Oha...dieses Buch steht nicht ohne Grund in dieser Abteilung...die Flüche die hier aufgelistet sind, sollten lieber in Vergessenheit geraten...und es sind nicht nur Flüche...auch Zaubertränke und Methoden, wie man Menschen auf grausamste Art und Weise foltern und umbringen kann...dagegen ist der Avada ja fast schon harmlos..." Sie schlug das Buch angewidert zu und sah Shawn fragend an. ob das Bücher sind, die uns...oder eher ihm weiterhelfen?

Irgendwie glaube Shawn ihrer Antwort zu dem Zauber nicht ganz, doch er nickte einfach und tat damit das Ganze ab. Seit seinem kurzen Gespräch mit Kath hielt er es für angebracht, nicht zu viele Fragen zu solchen Dingen zu stellen.
"Na ja ... härtere Methoden?", meinte Shawn zögernd und griff nach dem Buch, um es ebenfalls durchzublättern, "Es ist wirklich ein wenig ... grausam." Er seufzte.
Ist es das, was ich suche? Antworten, Verständnis ... und Flüche? Auf diese Art? Das wäre doch die selbe Stufe wie sie ... ?
Trotz Kiras angewidertem Gesichtsausdruck und seiner eigenen Zweifel sagte er: "Unter anderem geht das. Heißt ja nicht, dass man das anwenden muss. Verständnis und so."
Ich will doch nur mein eigenes Gewissen beruhigen.

Kira sah die Zweifel in Shawns Blick und war froh, dass er nicht weiter nachfragte.
"Wenn die das buch wenigstens nicht mit Illustrationen versehen hätten...", murmelte sie. Allein die Tatsache, dass es solche Methoden überhaupt gab, fand sie grausam, aber wenn jemand ein Buch darüber geschrieben hatte, hieß das, dass sie auch mal irgendwer angewendet haben musste...
Wollte Shawn etwa auch...?
"Unter anderem geht das. Heißt ja nicht, dass man das anwenden muss. Verständnis und so."
Kira seufzte erleichtert, als er dies sagte. Auch wenn sie ihm nicht wirklich zugetraut hatte, die Zauber, die dort drinstanden, zu benutzen, war es doch eine Erleichterung, es aus seinem Mund zu hören.
Aber wie sollte sie ihn jetzt am besten abwimmeln? Er hatte gefunden, wonach er suchte, aber sie war ja eigentlich auf der Suche nach Hinweisen auf Mariah...
Sie nahm noch einmal die Biographie zur Hand und blätterte gedankenverloren darin rum.
...Er ist der größte Zauberer, den man sich vorstellen kann...noch nie habe ich jemanden mit solchen Kräften gesehen...
Bla bla bla. Das war noch nicht einmal eine richtige Biographie, diese Frau widmete jeden zweiten Satz Salazar Slytherin. Sie schien ihn nicht nur gekannt, sondern gewissermaßen verehrt zu haben. Vielleicht war sie in ihn verliebt gewesen?
Kira dachte nach. Vielleicht hatte Mariah ja auch Sympathien für jemanden der dunklen Seite entwickelt und war deshalb auf seine Seite gewechselt...?
Kira nahm ihre Umgebung kaum noch wahr und verlor sich völlig in Gedanken über Mariah und über diese Hexe, die noch nicht einmal ihren Namen hinterlassen hatte. Währenddessen starrte sie resigniert die Seiten des Buches an und schien Shawn vollkommen vergessen zu haben.

Er blätterte noch ein wenig weiter in dem Buch herum und hielt hier und da inne, um ein wenig die Beschreibungen zu überfliegen.
Kath sagte, ich würde nie die unverzeihlichen Flüche ausführen können ... muss man für solche Zauber auch diesen gewissen Willen haben?
Es war mehr eine rethorische Frage, die er sich da stellte. Er hatte nicht vor, die Zauber zu üben oder anzuwenden, doch wenn Carrow noch einmal ihm oder einem anderen etwas antat, würde er sicherlich nicht zweimal überlegen und irgendeinen Zauber aus diesem Buch anwenden.
Sie sind grausam. Die unverzeihlichen Flüche auch. Heißt das, dass man auch grausam ist, wenn man sie anwendet? Und ... muss man grausam sein? Aber Kath ist nicht grausam. Nicht, wie sie einem erscheint. Kühl und abweisend, aber sie hat ein Herz.
Langsam hob er seinen Blick von dem einen Text über einen der Flüche und blickte Kira an, die in Gedanken versunken war. Sollte er es wagen, sie jetzt anzusprechen?
"Du suchst doch noch etwas.", sagte er, obwohl es nur so ein Gefühl war, "Ich weiß, dass ich mich nicht in die Dinge anderer einmischen sollte, aber du hast mir geholfen - und jetzt helfe ich dir. Du musst mir nicht sagen, warum du ... das suchst oder was dich dazu bringt."
Er wählte seine Worte mit Bedacht aus und hoffte, dass sie genug "Abstand" zwischen ihm und ihr signalisierten, so dass er wirklich nicht nachfragen würde, warum sie es suchte - wenn er mit seinem Gefühl richtig lag.
Ich und mein dummer Helferkomplex. Haley hat Recht; ich sollte mich aus Dingen anderer heraushalten.
Das Buch klappte er zu und packte es einfach in seine Schultasche.

"Du suchst doch noch etwas."
Kira schreckte aus ihren Gedanken hoch und vor Schreck fiel ihr das Buch aus der Hand. "Ich..äh..." Sie rang nach Worten. Wie viel konnte sie Shawn anvertrauen? Wie viel konnte sie ihm erzählen, ohne sich zu verraten?
"...Ja, du hast recht...ich suche noch etwas...", stimmte sie seufzend zu. Es hatte keinen Zweck, ihn anzulügen, so etwas konnte sie nicht. Sie wollte ihm die Wahrheit sagen, oder zumindest einen Teil davon: "...In letzter Zeit plagen mich Albträume um meine Schwester, nicht Kath, sondern Mariah...ich sehe sie deutlich vor mir, wie sie...wie sie Menschen foltert und tötet, ohne Gnade, mit Flüchen, die an die Grausamkeit der Todesser heranreichen...sie hat die Seite gewechselt, letztes Jahr, sie hat sich den Todessern angeschlossen und ich kann das nicht einfach so akzeptieren! Sie ist meine Schwester und ich will sie zurückhaben! Ich will sie umstimmen! Sie ist seitdem nicht mehr zur Schule gegangen, ich habe sie seitdem nicht ein einziges Mal mehr gesehen und ich habe mich gefragt, ob ich hier etwas finden würde, mit dem ich sie aufspüren kann...", beendete Kira ihre Erklärung. Es tat so gut, dies jemandem anzuvertrauen...aber was würde Shawn jetzt von ihr denken? Sie hatte eine Todesserin zur Schwester und empfand noch immer etwas für sie...
Sie blickte schuldbewusst zu Boden. "Wirst du mich dafür verurteilen, dass ich sie nicht hassen kann?", fragte sie vorsichtig.

"Für ... "
Wie sollte er ausdrücken, was er sagen sollte? Was er ihrer Erzählung gegenüber empfand? Er war nicht sauer oder entsetzt und nach allem, was er von Kath erfahren hatte und was Kira hierher getrieben hatte, überraschte es ihn nicht sonderlich. Sie waren so etwas wie eine Waffe gegen die Todesser, soweit er sich an Kaths Worte erinnerte, denn die Todesser wollten sie - aber sie waren hier.
Schließlich fasste er den Mut, um seine Worte auszusprechen: "Für seine Verwandten kann man ebenso wenig wie für seine Vergangenheit. Man kann Verwandte im Gegensatz zur Vergangenheit ändern ... oder es versuchen. Ob man es schafft, liegt ganz allein an seinem Durchhaltevermögen und seiner Willenskraft."
Er seufzte.
Sie hat eine Schwester verloren ... Naja, sprichwörtlich. Ich glaube, ich kann nachempfinden, wie sie sich dabei fühlt.
Shawn öffnete den Mund, wollte noch etwas sagen, doch da bemerkte er eine Bewegung in der Bibliothek und schob Kira zur Seite und bedeutete ihr, leise zu sein.
"Irgendjemand ist in die Bibliothek gekommen.", raunte er ihr zu und versuchte zu erkennen, wer dort war, "Das ist nicht gut ... "
Er sah weiter dorthin und sein Mund blieb vor Überraschung offen stehen, als sein Blick den von der Person in der Bibliothek kreuzte: Es war Marchi Melou.
Da macht man einmal was Verbotenes und schon ... Verdammt!

"Für seine Verwandten kann man ebenso wenig wie für seine Vergangenheit. Man kann Verwandte im Gegensatz zur Vergangenheit ändern ... oder es versuchen. Ob man es schafft, liegt ganz allein an seinem Durchhaltevermögen und seiner Willenskraft."
"Ich danke dir..." Es war eine unheimliche Erleichterung für sie, von ihm zu hören, dass er sie nicht für ihre Schwester und ihre Gefühle für sie verurteilte.
"...ich weiß, dass es kaum Hoffnung für sie gibt, aber ich will wenigstens alles versucht haben! Ich will sie noch nicht-" aufgeben, hatte sie sagen wollen, als Shawn sie zur Seite drückte und ihr deutete, leise zu sein.
"Wurden wir gesehen...?", fragte sie im Flüsterton. Ihr fiel auf, dass sie zuvor nicht mehr sehr darauf geachtet hatte, leise zu sprechen...

Shawn nickte, als sie seine Worte wiederholte.
"Dort.", murmelte er und deutete mit einem Kopfnicken zu Marchi, die sich wieder über ihr Buch beugte, "Auch wenn sie so tut, als habe sie uns nicht gesehen ... Sie hat es."
Jetzt sei bloß keine Verräterin ...
Er überlegte kurz.
"Entweder wir verschwinden sofort und die Chance ist geringer, dass sie uns verpfeift ... Oder ... "
Er wollte das oder lieber wählen, doch sein Verstand sprach für das erstere. Was sollte er tun?
"Oder wir bleiben und vertrauen darauf, dass sie nichts tut. Und dass wir die Bücher für dich finden.", beendete er seinen Satz und hob das Buch, dass Kira zuvor hatte fallen lassen, auf.

Sie blickte in die Richtung, in die Shawn zeigte: Ein Mädchen, das in ihre Bücher vertieft war, aber Shawn sagte, dass sie nur so tat, als ob sie nichts gesehen hätte...
Was machen wir jetzt nur? Sie hat uns erwischt!
Dann machte Shawn zwei Vorschläge. Kira war klar, dass es deutlich klüger gewesen wäre, Möglichkeit eins zu wählen, aber vielleicht bekam sie so eine Chance nie wieder: "Wir bleiben! Sie hat uns so oder so gesehen!", entschied Kira mit fester Stimme. "Oder vielleicht solltest du mit ihr reden?", fügte sie etwas unsicherer hinzu. "Ich weiß, ich bräuchte nicht lange, um das zu finden, was ich suche, du müsstest sie nur fünf Minuten oder so ablenken! Du könntest ihr klar machen, dass wir nur hier waren, weil wir uns gegen Carrow verteidigen wollen!"

Er schluckte.
"Du könntest ihr klar machen, dass wir nur hier waren, weil wir uns gegen Carrow verteidigen wollen!"
Wortlos starrte er Kira an, machte sich ihre Worte klar, dann nickte er langsam, hob allerdings die Hand und zeigte ihr fünf Finger.
"Wirklich nur fünf Minuten.", bläute er ihr ein, "Dann versuche ich dich da irgendwie rauszuholen."
Er warf einen kurzen Blick zu Marchi, dann wieder zu Kira und letzten Endes seufzte er.
Auf ins Getümmel.
Damit setzte er sich in Bewegung, um Marchi abzulenken - hauptsache Kira fand, was sie suchte.

Bibliothek

Kira hatte sich sofort als Shawn zu Marchi gegangen war, von ihm abgewandt und auf die Suche nach dem Buch gemacht. Sie war nur ein paar Schritte gelaufen, um außer Sichtweite zu sein und suchte seit ein paar Minuten nach passenden Worten für ihren Zauber. Verdammt! Sie hätte ein Lateinwörterbuch mitschleppen sollen! Schade, dass hier keins rumlag. Als ihr endlich die passenden Worte einfielen, so hoffte sie zumindest, war ihre Fünf-Minuten-Frist, die sie Shawn gegeben hatte wahrscheinlich längst um. Sie murmelte den Spruch, wiederholte die Zauberstabbewegungen und packte die drei Bücher, die erschienen hastig in ihre Tasche. Die würde sie sich ein anderes Mal durchlesen müssen, jetzt war keine Zeit mehr dazu. Sie stöhnte bei dem Gewicht ihrer Tasche, das sich durch die drei Wälzer erheblich vergrößert hatte. Als sie vorsichtig um die Ecke und durch das Gitter lugte, sah sie gerade wie Marchi verschwand und Shawn schien sehr niedergeschlagen...ob das wohl so eine gute Idee gewesen war, ihn vorzuschicken...? Nun, jetzt konnte sie es ohnehin nicht mehr ändern, sie sollte hier verschwinden, bevor noch wer anderes bemerkte, das sie hier gewesen war!

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